Frankreich England Irland 2011

10.000 km durch acht Länder Europas

Reisebericht



11. April 2011

 

Die letzten Vorbereitungen sind getroffen. Das Reisemobil vom Typ Miller "Dakota" (von Mobilvetta) steht gepackt und startbereit vor der Tür, die frischen Lebensmittel werden morgen früh eingekauft, unser Friseur übermorgen früh mit einem Großauftrag besucht -  und dann geht's los.

 

Unser Weg soll uns zunächst an der Mosel entlang über Luxemburg nach Frankreich führen, das wir über Nancy, Limoges, Angouleme und Bordeaux bis an die spanische Grenze durchqueren wollen. Dort werden wir uns mit unseren Kindern - auch Anhänger des modernen Vagabundentums - für einige gemeinsame Ferientage treffen, um anschließend in nördliche Richtung an der Atlantikküste über die Ile d'Oleron, Ile de Re' und Ile de Noirmoutier nach Mont St. Michel zu bummeln. Danach werden wir nach einem Besuch der Normandie und der Picardie von Calais aus nach Dover den Ärmelkanal überqueren und zunächst London besuchen, um dann über Stonehenge durch Südengland und Wales von Fishguard aus nach Rosselare in Irland zu fahren. Die grüne Insel werden wir im Uhrzeigersinn umrunden und anschließend über Wales nach Devon und Cornwall reisen, für das wir uns auch reichlich Zeit nehmen wollen. Der letzte Teil unserer Tour ist den Landschaften, Schlössern und Gärten Südenglands gewidmet, bevor wir durch Nordfrankreich, Belgien und die Niederlande

ca. Ende Juni (2011 natürlich!) die Heimreise antreten werden.

 

Also dann: Wer Lust hat, möge uns ab und zu hier auf unserer Homepage besuchen, auf der wir von Zeit zu Zeit - WLAN sei Dank - aktuelle Bilder und ein kleines Reisetagebuch einstellen wollen.

 

5. Mai 2011

Leider haben sich unsere Hoffnungen auf einen häufigen und mühelosen Zugang zum Internet über WLAN in Frankreich und England noch nicht erfüllt. Deshalb können wir erst heute über die ersten drei Wochen unserer Reise berichten.

 

Die gute Nachricht vorweg: Es geht uns gut. Wir haben sowohl die Umstellung auf den Linksverkehr als auch die erste Begegnung mit der (zu Unrecht!) berüchtigten englischen Küche ohne Schaden überstanden. Im Gegenteil: Die Erkenntnis, dass alle außer uns ständig auf der falschen Straßenseite fahren, wich schnell der Einsicht, sich der Mehrheit anzupassen, und die "Fish and Chips" sind eine wahre Köstlichkeit!

 

Doch der Reihe nach: Der erste Tag  führte uns an die Mosel. Wir hatten diesen vermeintlichen Pfuhl deutscher Weinseligkeit bisher gemieden und ihm damit bitter Unrecht getan. Der Fluss schlängelt sich in weitläufigen Mäandern durch ein tiefes Tal, das von hohen Weinbergen umgeben ist , die landschaftlichen Reize dieser Gegend stehen außer Zweifel, zumal der Blick darauf zu dieser Jahreszeit nicht von Touristenströmen verstellt ist.

 

Anschließend führte uns unsere Reise, die wir ausdrücklich ohne die peage-trächtige Nutzung von Autobahnen geplant hatten, quer durch Frankreich über Luxemburg, Metz, Nancy, Troyes, Auxerre, Limoges, Perigeux, Bergerac und Dax nach Capbreton in die Nähe von Biarritz.

 

In diesem Mekka der Wellenreiter - zu denen wir nicht gehören - haben wir eine wunderbare Woche mit unseren Kindern verbracht, die uns dort - von Lüneburg über Paris und Bordeaux mit dem selbst ausgebauten Reisemobil anreisend - getroffen haben.

 

Die Reise ging nach dieser Ruhepause an der Atlantikküste entlang zur Dune du Pyla und ins Medoc, wo wir an der Mündung der Garonne nach Royan übersetzten, um die Inseln Ile d'Oleron, Ile de Re und Ile de Noirmoutier zu erkunden.

 

Bei St. Nazaire überquerten wir über die gewaltige Hochbrücke die Mündung der Loire und erreichten nach Besuch der Stadt Guerande und der Durchquerung der Bretagne den Felsen von Le Mont St. Michel, sicherlich einer der besonderen Höhepunkte jeder Tour de France.

 

Auch unter dem Felsen ( s. Bilder), auf dem seit Jahrhunderten das imposante Kloster thront, erfolgte noch einmal ein Treffen mit Ulrike und Christian, die zwischenzeitlich ihrer eigenen Wege gefahren waren und anschließend zur Erwirtschaftung unserer Rente wieder ihren beruflichen Pflichten in Lüneburg nachkommen mussten.

 

Eine Anmerkung zum Wohnmobilreisen in Frankreich: Die Infrastruktur ist hervorragend, wir haben auf wunderschönen Plätzen im Landesinneren und entlang der Küsten gestanden; der spektakulärste war sicherlich der am Mt. St. Michel (s. Bild, über dem roten Balken der Kastenwagen unserer Kinder und unser Dakota mit Blick auf den Felsen).

 

Nach diesem "hors d'oeuvre" unserer Reise nach Irland und einer temporären Vereinsamung nach der Abreise der Kinder zog es uns durch die Normandie und Picardie nach Calais, dem zentralen Fährhafen für das britische Königreich. 

 

Bevor ich's vergesse: Das Wetter war bisher - bis auf zwei kleine Gewitter - prächtig und hat uns bis heute nicht im Stich belassen.

 

Die Kreidefelsen von Dover begrüßten uns in strahlendem Sonnenlicht, die Gewöhnung an den Linksverkehr habe ich bereits beschrieben, und die erste Nacht auf einem der sehr guten Campingplätze auf der Insel war äußerst komfortabel.

 

Unser Weg nach London führte uns über Canterbury mit seiner gewaltigen Kathedrale und die Gärten von Sissinghurst Castle nach Leeds Castle (s. Bild), einem riesigen Anwesen mit einem Schloss, das alle Erwartungen des historisch interessierten Mitteleuropäers uneingeschränkt erfüllt. 

 

Ein vorläufig letzter Absatz zu London (s. Bild mit der Tower Bridge): Die Stadt ist ein faszinierender Schmelztiegel aller Hautfarben und Völker, ein pulsierender, lärmender, nie zur Ruhe kommender Magnet, dessen Architektur den Besucher erschlägt, und dessen Geschichte durchaus Andacht provoziert. Von allen Großstädten Europas, die wir kennen, ist dies die beeindruckendste!

 

Inzwischen haben wir drei sehr anstrengende, aber auch wunderbare Tage in London hinter uns und ruhen uns auf unserem Campingplatz im Stadtteil Crystal Palace bei - natürlich - Fish and Chips zum Abendessen aus.

 

6. Mai 2011

London war überwältigend! Wir haben die Stadt in vollen Zügen genossen. Da es nicht möglich ist, ohne Risiko in einem solchen Ballungsraum unbewacht zu übernachten, haben wir natürlich auf unsere sonst bevorzugte Rast in der freien Natur verzichtet und den Campingplatz in Crystal Palace, einem Vorort Londons, aufgesucht. Dieser Platz gehört zu den ca. 200 Plätzen des englischen Caravan Clubs, der für einen hervorragenden Standard garantiert. Ein Tipp, zur Nachahmung empfohlen: Schon auf dem ersten Platz des Clubs, den wir besucht haben, sind wir für ein Jahr Mitglieder geworden. Der Jahresbeitrag (ca. 50,- €) hat zur Folge, dass man einen Katalog mit allen Plätzen, einen Mitgliedsausweis, zusätzliche Informationen über das Land und vor allem auf jedem Platz des Clubs eine Ermäßigung erhält, die bereits nach 4 – 5 Übernachtungen erwirtschaftet ist.

 

Und hier ein weiterer Beitrag zum Thema Wirtschaftlichkeit: England - und gerade Südengland - bietet Hunderte von Möglichkeiten zur Besichtigung von Schlössern, Museen oder Gärten, ohne die ein Besuch dieses faszinierenden Landes nicht denkbar ist. Die Eintrittspreise sind in der Regel durchaus happig. Viele dieser Sehenswürdigkeiten sind Bestandteil des National Trust. Auch hier kann man für ca. 80,- € Mitglied werden. Entschließt man sich zu dieser Ausgabe, sind der Eintritt sowie die Parkgebühr entweder kostenlos oder erheblich ermäßigt. Auch dieses Verfahren lohnt sich bereits nach wenigen Besuchen. Darüber hinaus haben wir die Erfahrung gemacht, dass Mitglieder immer bevorzugt behandelt werden – z. B. durch Betreten der Sehenswürdigkeiten unter Verzicht auf Übung in britischer Geduld beim Warten in der Schlange.

 

Doch noch einmal zurück nach London: Schon die ca. dreiviertelstündige Fahrt mit dem roten Doppeldeckerbus durch die Vororte in die City war ein Erlebnis, zumal Crystal Palace oder Brixton bevorzugte Gegenden für Menschen schwarzafrikanischer und asiatischer Abstammung sind. Wir hatten Kontakt mit Schülern in Schuluniformen, Geschäftsleuten in Nadelstreifenanzügen und mit Regenschirm oder Engländern in afrikanischer Tracht, die alle ihren alltäglichen Pflichten nachgingen und dennoch während der Busfahrt Zeit für Schwätzchen mit wissbegierigen Reisenden hatten – wunderbar und abseits jener Miesepetrigkeit, an die ich mich noch während meiner morgendlichen und abendlichen Zugfahrten in den Dienst mit leichtem Grausen erinnere.

 

Der Besuch Londons ist vor allem geprägt von Ratlosigkeit, mit der man selbst nach sorgfältigster Planung zur Kenntnis nehmen muss, dass man ständig mit dem Gefühl durch die Stadt streift, mehr verpasst als gesehen zu haben. Zu vielfältig sind die Eindrücke, zu differenziert das Angebot, in dem sich der Interessierte zurecht finden muss.

 

Dennoch ist uns wohl ein ganz guter Mix gelungen: Wir haben den ersten Tag darauf verwendet, eine Sightseeing-Tour mit „Hop on – hop off“ zu buchen, die wie eine Fahrt mit dem Linienbus organisiert ist. Auf dem Rundkurs werden alle großen Sehenswürdigkeiten wie z. B. Houses of Parliament mit Big Ben (s. Bild), Westminster Abbey, Downing Street, Trafalgar Square, Picadilly Circus, Hyde Park, Buckingham Palace oder Tower mit Tower Bridge angefahren. Innerhalb der gebuchten 24 Stunden kann man den Bus, in dem über Ohrhörer für Audio-Guides in sechs verschiedenen Sprachen angeboten werden, jederzeit verlassen und auf einen der nächsten wieder aufspringen. Besonders amüsant geht es in den oben offenen Doppeldeckerbussen zu, die sogar einen Live-Kommentator an Bord haben, der auch auf interessierte Fragen eingeht und zu großer Form – einschließlich musikalischer Einlagen - auflaufen kann, wenn es gelingt, ihm den Eindruck zu vermitteln, dass er ein dankbares Publikum gefunden hat.

 

Für die restlichen Tage haben wir selbst gewählte Schwerpunkte gesetzt wie z. B. eine Fahrt auf der Themse nach Greenwich oder mit dem London Eye, dem gewaltigen Riesenrad in der Nähe der Westminster Bridge, die einen Blick aus ca. 60m Höhe auf die City of London erlaubt.

 

Eine Anmerkung zum Schluss: London ist teuer. So haben wir u. a. auf die Besichtigung der Kronjuwelen im Tower verzichtet, weil uns dieses Vergnügen keine 40.-€ wert war, und die Westminster Abbey nicht von innen gesehen – auch wenn dies der weiblichen Hälfte unserer Reisegruppe sehr schwer fiel, weil wir uns dies wegen einer ca. 200m langen Warteschlange, in der viele Fans mit leuchtenden Augen standen, um einen Abglanz royaler Herrlichkeit auch noch eine Woche nach der Traumhochzeit zu erhaschen, nicht antun wollten.

 

6. Mai 2011

Von Crystal Palace aus ging es – dem Navi sei Dank – quer durch den Großraum London über Ringautobahnen nach Westen, weil wir uns vorgenommen hatten, Südengland auf der Reise nach Irland zügig zu durchfahren, da wir im letzten Teil unserer Tour ohnehin noch reichlich die Schönheiten dieses Landes genießen wollen.

 

Einen Anziehungspunkt konnten wir uns jedoch nicht verkneifen: die Steine von Stonehenge (s. Bild). Dieser mystische Ort liegt – ziemlich unspektakulär eingerahmt von zwei Hauptverkehrsstraßen – in einem riesigen Wiesengelände, denn die Wälder, die ihn vor Tausenden von Jahren umgaben, sind längst abgeholzt. Dennoch kann sich der Besucher dem besonderen Reiz dieser mächtigen Steinquader nicht entziehen, auch wenn er kaum in der Lage ist, genügend Fantasie aufzubringen, um die technische Leistung der prähistorischen Baumeister angemessen zu würdigen. Übrigens: Auch Stonehenge gehört zum National Trust – also: für Mitglieder kostenlos und bevorzugte Behandlung!

 

8. Mai 2011

 

Nach einem Tag Ruhepause, den wir wieder auf einem erstklassigen Camping Club Site – übrigens: für Mitglieder deutlich ermäßigt - in Wales in der Nähe von Swansea verbracht haben, führte uns unser Weg nach Fishguard, einem der Fährhäfen, über die man die grüne Insel Irland erreicht.

 

Über die stürmische Überfahrt und die entsprechende Seekrankheit des männlichen Teils unserer Reisegruppe wollen wir den Mantel des Schweigens legen – nur soviel: Möglicherweise ist der Name „Fishguard“ eine versteckte Reminiszenz an die Befindlichkeit einiger Reisende während der Überfahrt – man weiß es nicht.

 

Jedenfalls erreichten wir am Spätnachmittag nach unserer Ankunft in Rosslare (s. Bild) den Leuchtturm von Hook Head (s. Bild), der von wilden Stürmen umtost ist und vor allem den Fotografen durch die gewaltigen Wellen und die peitschende Gischt wunderbare Motive liefert.

 

Die Nacht verlief erholsam, auch wenn an nächsten Morgen unser Dakota durch das sprühende Salzwasser „im Teigmantel“ anzutreffen war – ein Phänomen, das auf dem nächsten Campingplatz mit einigen Eimern Wasser beseitigt werden konnte.

 

9. Mai 2011

Heute schon wieder ein Highlight: Wir fuhren von Hook Head über die beschaulichen Städtchen New Ross (Besichtigung der Drei-Mast-Bark Dunbrody, mit deren Schwesterschiff John F. Kennedy’s Urgroßvater nach Amerika ausgewandert ist) und Kilkenny zum Rock of Cashel (s. Bild), einem der bedeutendsten Bauwerke für die Geschichte Irlands, weithin sichtbar auf einer Anhöhe gelegen, Festung und Kathedrale zugleich, teilweise zerfallen, mit Gräbern umgeben, auf denen besonders schöne keltische Kreuze (s. Bild) stehen.

Übernachtung am Fuße des Felsens, der bis in den späten Abend angestrahlt wird

 

11. Mai 2011

Heute schlafen wir am Mizen Head, dem südwestlichsten Punkt Irlands, ungeschützt am Atlantik gelegen und von einem Leuchtturm bewacht. Man erreicht die Klippe, auf der er sich festkrallt, nur über eine schmale Brücke, unter der das tosende Meer seine weiße Gischt versprüht. Von hier hat der Funkpionier Marconi den Durchbruch einer ersten Funkverbindung nach Neuengland geschafft, ein Ereignis, das den alten Funkamateur in mir ehrfurchtsvoll verstummen lässt. Ein kleines Museum im Leuchtturm erinnert mit alten Geräten, Schaubildern und DVDs an diese technische Großtat.

 

Ca. 9 Seemeilen vor Mizen Head liegt – im Dunst schemenhaft erkennbar – das Fastnet Rock Lighthouse (s. Bild), ein Leuchtfeuer, das die Schiffsreisenden nach Amerika als letzten Bezugspunkt zu Europa seit vielen Jahren erleben.

 

12. Mai 2011

Nach einer erholsamen Nacht ganz allein am Mizen Head haben wir heute die erste der drei großen Halbinseln – Beara, Iveragh und Dingle -  im Südwesten Irlands in Angriff genommen. Der Ring of Beara, von dem es heißt, dass er es jederzeit mit dem Ring of Kerry auf Iveragh aufnehmen kann, bot uns atemberaubende Ausblicke auf den Atlantik und die Berge im Landesinneren, die wir über den Healy-Pass (s. Bild) überquert haben.

 

Atemberaubend auch die Straßen, die häufig nicht breiter als unser Dakota (über alles, also von Außenspiegelkante zu Außenspiegelkante, 2,65 m) sind. Wenn man die Ruhe bewahrt – frühere Übungen auf Treckern mit Anhängern, mit Caravangespannen oder in Geländewagen können da sehr hilfreich sein - gelingt es jedoch immer, sich mit den Fahrern entgegenkommender Fahrzeuge zu verständigen und eine Ausweichbucht zu finden. Die Iren und Engländer sind nicht nur in dieser Frage äußerst gelassen, rücksichtsvoll und höflich. Heute Abend wollen wir noch ein wenig Killarney genießen, bevor wir uns morgen auf den Weg zum Ring of Kerry machen.

 

13. Mai 2011

Die erste Etappe des Ring of Kerry ist geschafft. Wir sind von Killarney in die Halbinsel Iveragh eingetaucht und haben diese im Gegenuhrzeigersinn umrundet, weil wir erfahren haben, dass auch alle Busse so fahren, um unnötige Begegnungen auf der Straße zu vermeiden, deren Breite in der Tat an manchen Stellen überschaubar ist. Da wir darüber hinaus schmale Straßen entlang der Steilküste benutzt haben, hatten wir zeitweise nicht mit Bussen, wohl aber mit der Bewältigung Schwindel erregender Höhen und Straßenbreiten zu tun(s. Bild). Dafür boten sich uns Ausblicke, in deren Genuss die meisten Busreisenden nicht kommen (s. Bilder).

 

Der Dakota ist jederzeit beherrschbar, auch wenn seine Breite und Länge (7,12m) ihn nicht gerade zur kompakten Bergziege macht.

 

Der Höhepunkt des Tages war die Insel Valentia (s. Bild), im äußersten Nordwesten von Iveragh gelegen und über eine kleine Fähre erreichbar. Die Wanderung an die Westspitze von Bray Head führte uns auf einen Felsen, der hoch über dem Atlantik aufragt und den Blick auf die vorgelagerten Inseln Little Skellig und Great Skellig frei gibt (s. Bild). Die eine war vom 6. bis zum 13. Jahrhundert von Mönchen bewohnt, die andere ist ein Vogelfelsen z. B. mit Papageientauchern, der von Menschen nicht betreten werden darf.

 

Wir werden heute auf dem Parkplatz unterhalb des Felsens übernachten und haben von hier einen herrlichen Blick auf den Hafen von Portmagee und die Skelligs (s. Bild).

 

Soeben hatten wir einen kleinen, sehr lebhaften und amüsanten Plausch mit Einheimischen, die sich für uns, unsere Herkunft und unseren Dakota interessierten. Dies veranlasst mich zu einer kleinen Anmerkung: Die Menschen in Irland sind äußerst liebenswert. Sie begegnen uns mit ausgesuchter Höflichkeit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft und sind immer zu einer humorvollen Konversation bereit. Es ist ein Vergnügen, unter ihnen zu sein und ein wenig an ihrer Lebensart teilhaben zu können!

 

14. Mai 2011

Man kann den Autoren einschlägiger Reiseliteratur nur zustimmen: Warum der Ring of Kerry immer ins Zentrum der Begeisterung über die irische Westküste rückt und dabei der Blick für die Schönheiten des Ring of Beara oder der Dingle-Halbinsel verstellt wird, erschließt sich dem interessierten Betrachter dieser Landschaft nicht auf den ersten Blick. So haben wir heute erlebt, dass Dingle den anderen um nichts nachsteht und den Reisenden mit seinen schönen Landschaften und seiner gewaltigen Küste ebenso fasziniert wie die anderen beiden. Insbesondere das Städtchen Dingle hat es uns angetan, weil es mit seinen bunten Fassaden und den freundlichen Menschen, denen wir begegnet sind, bezaubernd ist. Wenn ich drei Dinge aufzählen sollte, die mir zu Dingle besonders in Erinnerung bleiben werden, würde ich folgende nennen: die fantasievoll gestalteten Fassaden der Pubs (s. Bild), die Vielfalt der Läden für Strickwaren, die den Reisenden den besonderen Bestimmungszweck der vielen Schafe im Umland plastisch vor Augen führen und die riesige und köstliche Portion Fish and Chips, die ich beim ortsansässigen indischen Kebab-Anbieter erstanden habe.

Herausragende Merkmale der Halbinsel sind darüber hinaus die prähistorischen Dolmen und Museen, die auf die Jahrtausende zurückliegende Vergangenheit der grünen Insel Bezug nehmen.

 

Eher gegenwartsbezogen und zukunftsorientiert ist die umtriebige Surfszene, die den Strand von Inch im Süden Dingles in Beschlag genommen hat (s. Bild).

 

Heute übernachten wir auf einer Klippe bei Dunquin im äußersten Westen der Dingle-Halbinsel, ihr gegenüber liegt im Dunst der Abendsonne ein Felsen im Atlantik, der im Abendlicht die Illusion eines schlafenden Riesen hervorzaubert (s. Bild).

 

15. Mai 2011

Man kann Irland nicht bereisen, ohne auch mit der frühen und frühesten Geschichte der grünen Insel konfrontiert zu werden. Dies gilt besonders für den Westen, wo uns die steinernen Zeugen der Vergangenheit auf Schritt und Tritt begegnen. Heute haben wir die Gallarus Oratory besucht (s. Bild), eine Kapelle, die vor mehr als tausend Jahren aus einfach behauenen Steinen erbaut wurde.

 

Von manchen Reisen haben wir viele Jahre geträumt. Das galt z. B. für Norwegen ebenso wie für England und Irland. In diesen Jahren orientiert sich die Fantasie zusehends an Schlüsselbildern und –begriffen, die Synonyme für die jeweiligen Reiseziele darstellen. Umso mehr bewegen uns die Momente, in denen die Fantasien Wirklichkeit werden und wir am Ziel solcher Träume stehen. So ging es uns mit dem Schlüsselbild „Nordkap“, so ging es uns auch heute wieder, als wir auf die Fähre fuhren, um den Geschichten umwobenen Shannon River zu überqueren (s. Bild).

 

Am Abend erreichten wir den kleinen Hafenort Doolin, um auf dem hervorragend organisierten Campingplatz am Hafen für eine Nacht vom freien Vagabundenleben Abschied zu nehmen und mal wieder „anständig“ zu übernachten. Doolin ist in ganz Irland bekannt für die Pubszene mit Live Music. Leider muss der Chronist zähneknirschend eingestehen, dass wir mit dem Versuch, den Abend in einem der Pubs zu verbringen, wegen akuter, will sagen komatöser Schlafanfälle gescheitert sind. Aber: Aufgeschoben ist nicht …

 

16. Mai 2011

Eines der herausragenden Highlights unserer Tour sind die Cliffs of Moher, die an der Westküste als Kette steiler Felsen bis zu 212 m aus dem Atlantik aufragen. Man kann an der inzwischen überall befestigten Kliffkante entlang wandern und erreicht an der höchsten Stelle den O’Brien’s Tower, von dem aus ein imponierender Blick auf die Felsen geboten wird.

Und weiter ging’s nach Norden mit der Durchquerung der Felswüste The Burren, die die umliegenden Berge einbezieht und sich bis zu den Kliffs der Küste erstreckt. Gerade hier findet man viele Dolmen, prähistorische Grabstätten, die mit meisterlichem Geschick errichtet worden sind. Einer der berühmtesten und besterhaltenen ist der von Poulnabrone, dessen Deckstein 1,5 Tonnen wiegt (s. Bild). Darüber hinaus haben wir die Wohnfestung Caherconnell besichtigt, die mit einem Rundwall vor ca. 1000 Jahren von einem reichen Viehzüchter dieser Gegend aus präzise aufgeschichteten Steinen des Burren ohne Zuhilfenahme von Mörtel errichtet wurde und hervorragend erhalten ist.

 

Den Abend und die Nacht verbringen wir am Hafen von Galway, einer quirligen Stadt an der Mündung des River Corrib. Sie bildet das Eingangstor zur Halbinsel von Connemara, die wir von morgen an heimsuchen wollen.

 

17. Mai 2011

Beim Übernachten kann man nicht immer einen Volltreffer landen. Wir hatten zwar am Hafen einen sehr schönen Stellplatz gefunden – leider jedoch übersehen, dass gegenüber ein Pub lag, dessen Gäste uns morgens gegen 3 Uhr an allen Facetten irischen Familienlebens und zwischenmenschlicher Kommunikationsformen teilhaben ließen…

 

In Connemara erwartete uns eine Landschaft, die sich von den bisher erlebten völlig unterscheidet. Sie ist vor allem in grüne und braune Farben der Erde getaucht, besitzt Hochmoore, in denen noch heute Torf gestochen wird (s. Bild) und vermittelt an Tagen wie heute, an denen der Regen fast waagerecht über die Ebenen peitscht und die Berge von dicken Wolken umhüllt sind, einen besonderen Charme und eine melancholische Grundstimmung. Connemara ist schön.

 

Höhepunkt des Tages war der Besuch von Kylmore Abbey (s. Bild), das im 19. Jahrhundert von einem reichen irischen Bürger gebaut wurde und in einen Besitz von 13.000 Morgen gebettet ist. Die gut erhaltenen und eingerichteten Räume des Schlosses können besichtigt werden, der riesige Garten ist eine Augenweide. Am Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Anwesen von Schwestern des Benediktinerordens übernommen, die noch heute dort eine Privatschule betreiben.

 

In der kommenden Nacht, die wir an einem einsamen Strand bei Mallaranny verbringen wollen, werden wir sicherlich ein wenig mehr Ruhe finden – wir können sicher sein, dass kein Pub in der Nähe ist.

 

18. Mai 2011

Achill Island und seine Schafe mit schwarzen Gesichtern, runden Hörnern, kurz vor der Scherung stehenden Fellen und neonfarbenen Markierungen (s. Bild) haben uns heute mit strahlendem Sonnenschein empfangen. Wir haben die wunderschöne Insel bis zur Südwestspitze Achill Head durchstreift und waren mal wieder begeistert von weiten Ebenen, grünen, baumlosen Bergen, weißen Stränden (s. Bild) und lilafarbenen Rhododendronbüschen, die hier Höhen von ca. 5 m erreichen und endlos die Straßen säumen.

 

Das besondere Erlebnis dieses Tages war jedoch ein anderes: Am Rande einer einspurigen Straße, die durch die Berge führte, stand auf einer Weide eine Stute mit einem sehr jungen Fohlen, dass auf seinen langen dünnen Läufen umherstakste und sich noch nicht so recht mit dieser stürmischen und reichlich kühlen Welt anfreunden wollte. Der örtliche Tierarzt, der am Rande der Wiese stand und die Beiden beobachtete, erzählte uns, dass das Fohlen erst zwei (!) Stunden zuvor von der Stute gesetzt worden sei. So ganz nebenbei erhielten wir eine hurmorvolle Lehrstunde über irische Pferdezucht. Stute und Fohlen gehörten zur Rasse der Connemara-Ponys, die sich durch Härte und Zähigkeit auszeichnet und das ganze Jahr über auf der Weide bleibt. Deshalb werden die Fohlen ohne menschliches Zutun im Freien gesetzt und sofort der manchmal rauen Natur ausgesetzt.

 

Unser Gespräch, das sich mal wieder zu einer vergnüglichen Plauderei nach Landesart entwickelte, führte über die Erkenntnisse zur Pferdezucht hinaus zu tieferen Einblicken in die Reisegewohnheiten irischer Tierärzte und deren besondere Vorlieben für das „real meal“ in Deutschland, insbesondere für Schnitzel und „german beer“. So ganz nebenbei: Dem interessierten Leser wird inzwischen wohl nicht meine zunehmende Begeisterung für die Bereitschaft der Iren zu einem kleinen Schwätzchen entgangen sein, auch nicht die ab und zu erkennbare Absicht, solche Gelegenheiten zu provozieren. Ich muss wohl in meinem früheren Leben ein irischer Bauer gewesen sein.

 

19. Mai 2011

Die für irische Verhältnisse lange Fahrt von Achill Island nach Donegal gehört nicht zu den herausragenden Ereignissen unserer Reise. Das Wichtigste, was man berichten kann, ist, dass wir heil angekommen sind, weil wir uns immer schön auf der linken Straßenseite bewegt haben. Donegal macht einen eher verträumten, sehr sympathischen Eindruck. Es wird vom Donegal Castle dominiert, das vor einiger Zeit vortrefflich restauriert wurde und den Besuchern der Stadt zur Besichtigung zur Verfügung steht.

 

Doch halt – von einer besonderen Attraktion gibt es zu berichten: Auf unserem Weg nach Norden, der uns durch den ca. 4 km breiten Korridor zwischen Küste und nordirischer Grenze geführt hat, haben wir in der Nähe von Mullaghmore – eher in der Ferne – das „Disney“-Schloss Classiebawm Castle gesehen (s. Bild). Dies ließ im 19 . Jahrhundert der britische Premier Lord Palmerston für seine an Tuberkulose erkrankte Tochter erbauen. Traurige Berühmtheit erlangte das Schloss, als dort ein IRA-Kommando 1979 den anlässlich eines Urlaubs auf dem Landsitz weilenden Lord Mountbatten ermordete.

 

20. Mai 2011

Gestern Abend haben wir unserer bisher an Höhepunkten so reichen Reise ein Sahnehäubchen aufgesetzt: Nachdem wir am Hafen von Donegal unseren Dakota nachtklar gemacht und in einem Internet-Cafe mit der Fortsetzung des Reiseberichts und einigen Mails dafür gesorgt hatten, dass unsere Verwandten, Freunde und Bekannten uns nicht völlig aus den Augen verlieren, haben wir uns auf die Suche nach einem Pub gemacht, in dem Live-Music gespielt wurde. Wir landeten schließlich im „Reel Inn“ an der Bridge Street, aus dem Klänge von Traditional Irish Folk auf die Straße klangen. Die nun folgenden Stunden stellten alles in den Schatten, was wir uns erhofft hatten. Beim Betreten des Pubs schlug uns ein Gemisch von lautstarker Unterhaltung fröhlicher Zecher und einer Musik entgegen, die sich mit Hilfe einer Verstärkeranlage Gehör verschaffte. Die Musiker spielten ununterbrochen in wechselnden Zusammensetzungen, wobei die Wirtin mit ihrer schönen Stimme beeindruckte, ihr Mann mit perfektem Akkordeonspiel glänzte, deren Sohn verschiedene Lieder solo , nur von einer Gitarre begleitet, vortrug, und ein Gitarrist virtuos sein Instrument bearbeitete. Das leidenschaftliche Engagement der Musiker, die selbstverständliche Vereinnahmung der Gäste in den Kreis der Zecher und nicht zuletzt die süffigen Pints of Guinness (über die Anzahl verweigere ich die Auskunft) sorgten dafür, dass die Stimmung von Lied zu Lied ausgelassener wurde und der Abschied aus dieser Runde schließlich sehr schwer fiel – meiner lieben Frau wegen der Atmosphäre dieses Abends und der mitreißenden Musik, mir aus denselben Gründen (vor allem aber wegen des Guinness). Die physiologischen Folgen des Pubbesuchs waren erstaunlich rasch überwunden, die Einblicke in die Tiefen der irischen Seele und die Traditionen irischer Pub- und Musikkultur werden hoffentlich für immer haften bleiben. Welch ein faszinierendes Erlebnis!

 

Übrigens: Seit gestern weiß ich auch, wie die Iren die als Rentner herumreisenden Wohnmobilisten – in Deutschland häufig neudeutsch als „Best Ager“ bezeichnet – nennen: „We call you GREY NOMADS!

 

Heute haben wir unsere Tour an der Nordwestküste Irlands fortgesetzt und das County Donegal bereist.

 

Wir übernachten mitten in den Dünen hoch über dem Strand von Derrybeg und werden wohl morgen den nördlichsten Punkt unserer Reise erreichen.

 

21. Mai 2011

Am Nachmittag haben wir Fanad Head erreicht, die Spitze einer weiteren Halbinsel, wo auf gewaltigen Klippen, die hoch aus der irischen See aufragen, ein Leuchtturm über den regen Schiffsverkehr vor der Küste wacht.. Am Leuchtturm wurden wir von zwei reizenden Eseln begrüßt (s. Bild). Übrigens: Wir haben in Irland bisher schon mehr Esel gesehen als während unserer gesamten Griechenland-Tour 2009.

 

Gegen Abend landeten wir am nördlichsten Punkt unserer Reise, dem Kliff von Malin Head. Es liegt auf der Halbinsel von Inishowen und stellte in früheren Jahrhunderten für die Seefahrer einen gefährlichen Punkt dar, den zu umsegeln einem Abenteuer gleich kam. Deshalb befindet sich auf der Spitze des Berges ein alter, inzwischen verfallener Wachturm, der der Coastguard als Beobachtungs- und Signalpunkt diente. Da wir in strömendem Regen und bei Sturm ankamen, haben wir zunächst auf dem Parkplatz am Wachturm übernachtet (s. Bild) und uns für den nächsten Morgen die Erkundung des Kap vorgenommen.

 

22. Mai 2011

Auf das irische Wetter ist immer Verlass. Gießt es im einen Augenblick nach dem Motto „It’s raining cats and dogs“, strahlt im nächsten die Sonne und taucht die Landschaft nach der Reinigung der Luft durch den Regen in wunderbar klare Farben. Also auf zur Eroberung des Malin Head.. Wir umrundeten das gesamte Kap (s. Bilder). Unterhalb des Felsens ist auf der Wiese in riesigen Lettern aus Stein das Wort EIRE eingelassen (s. Bild). Dies geschah angeblich im Zweiten Weltkrieg, um zu vermeiden, dass deutsche Bomber versehentlich das neutrale Irland mit dem nahe gelegenen britischen Nordirland verwechselten und bombardierten.

 

Wir verließen das faszinierende Malin Head und fuhren an der Ostküste von Inishowen entlang über die Grenze Nordirlands nach Londonderry, das von den Nordiren – und auch den meisten Iren - nur Derry genannt wird. Der Zusatz „London“ ist bei den Einheimischen sehr unbeliebt, weil er zu sehr an die von den Briten geprägte – in weiten Teilen unheilvolle – Geschichte des Landes erinnert. Derry ist nach wie vor in zwei Teile geteilt, die vom River Foyle getrennt werden. Die Protestanten wohnen auf der östlichen, die Katholiken auf der westlichen Seite. Das historische Zentrum der Stadt ist sehr gut erhalten, es wird von einer restaurierten Mauer umgeben, auf der der Stadtkern umrundet werden kann. Von dort hat man einen sehr guten Blick vor allem auf das katholische Viertel Bogside, auf einen Friedhof, der uns noch aus Fernsehberichten der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts im Zusammenhang mit blutigen Auseinandersetzungen in Erinnerung ist, und auf riesige Gemälde an Hauswänden, die von den Spannungen zwischen der britischen Armee und Teilen der Bevölkerung zeugen (s. Bild).

 

Unsere Tour führte uns weiter in das nordirische Hinterland von Ulster zum Ulster American Folk Park, einem Freilichtmuseum, das von der amerikanischen Multimillionärsfamilie Mellon finanziert wurde. Der Ur-Urahn dieser Familie, Thomas Mellon, wanderte Mitte des 18. Jahrhunderts als Sohn einer armen nordirischen Familie nach Pennsylvania aus und machte in den USA sein Glück. Das Museum vermittelt einen hervorragenden Einblick in die Not der damaligen Bevölkerung in Ulster, die viele Menschen über den Ozean führte. Wir haben gelernt, dass nur jeder Sechste dieses Abenteuer der Überfahrt, die in der Regel unter schwierigsten Bedingungen stattfand, überlebte.

 

Heute übernachten wir in Ballymoney, weil wir zurück an die Küste streben, um Nordirland weiter zu umrunden. Wir werden uns einen Ruhetag auf einem schönen Camp Site des Caravan Club – wir sind ja Mitglied dieser erlauchten Vereinigung – gönnen, und wir werden dort über WLAN wieder das Internet heimsuchen können.

 

24. Mai 2011

Der Ruhetag, den wir gestern in Ballymoney eingelegt haben, war erholsam, verlief aber nicht ruhig, weil ein Sturm aufzog, der mit geschätzten 10 Beaufort dicke Äste von den Bäumen riss und die Vorzelte unserer Nachbarn in Windsegel verwandelte. Im River Bann, der an unserem Platz entlang floss, bauten sich Wellen auf, die den von Surfern gefürchteten Monsterwellen vor Hawaii Konkurrenz zu machen versuchten (Wie gut, dass wir grundsätzlich nicht zu Übertreibungen neigen…). Ich darf aber unseren surfenden Sohn zitieren: „Es hackte mal wieder die Kühe vom Deich“.

 

Heute Morgen nun hatte sich der Sturm gelegt, die Sonne schien den ganzen Tag – nur wenige Male auf typisch irische Weise von Regenschauern unterbrochen, sodass wir gemächlich an die Küste zurück bummeln konnten.

 

Drei Höhepunkte hatte der Tag: Zunächst haben wir bei Portrush die imposante Schlossruine von Dunluce Castle (s. Bild) passiert, die auf einem Felsen über der irischen See thront.

 

Danach haben wir eine ausgedehnte Wanderung auf dem Giant’s Causeway unternommen, einer Küstenklifflinie, die im Wesentlichen aus Basaltgestein besteht, das – Orgelpfeifen gleich – aus dem Meer ragt (s. Bild). Es stellt das einzige Weltnaturerbe Nordirlands dar und ist Bestandteil des National Trust (Der interessierte Leser erinnert sich: Wir sind Mitglied dieser erlauchten Gesellschaft, also freier Eintritt und bevorzugte Behandlung).

 

Und - last but not least - ein weiteres Highlight für die Freunde alkoholischer Genüsse: Wir haben die bekannteste nordirische Whiskeybrennerei in Bushmills, die Old Bushmills Distillery, besichtigt und uns theoretisch und sehr praktisch (zumindest was den männlichen Teil unserer kleinen Reisegruppe angeht) in die Geheimnisse der Herstellung dieses edlen Getränks einführen lassen (s. Bild). Übrigens: In Irland legt man bei dem Wort „Whiskey“ Wert auf das e vor dem y, ganz anders als in Schottland oder in den USA). Und noch eine Kleinigkeit am Rande: Wusstet ihr z. B., dass der amerikanische Whisky (Bourbon, Kentucky) nur einmal, der schottische Whisky (Scotch) zweimal und der irische Whiskey(Bushmills) dreimal destilliert wird? Dadurch erhält der irische einen besonders weichen Geschmack. (Ein schöner Beweis für die Redensart „Reisen bildet“ – und es schmeckt auch noch gut).

 

Zum Abschluss der Führung gab’s einen zwölf Jahre alten Single Malt Whiskey, der weich und angenehm durch die Kehle rann und den Magen des Genießers wohltuend erwärmte. Watt war datt schoin!

 

25. Mai 2011

Nach einer ruhigen Übernachtung am kleinen Hafen von Ballintoy (s. Bild) in der Nähe des Giant’s Causeway haben wir heute das Basislager für unseren Besuch Belfasts erreicht und es uns für die Übernachtung am Hafen von Carrickfergus gemütlich gemacht. Die Informationen zur Zugfahrt in die nordirische Hauptstadt wurden an der Railway Station geklärt, sodass wir noch Zeit hatten, die am Hafen gelegene mächtige Normannenburg aus dem 12. Jahrhundert zu besichtigen, die mit viel Aufwand restauriert worden ist und den Besucher mit liebevoll zusammen gestellten Informationen und Illustrationen über die Anlage und deren Räumlichkeiten (s. Bild) empfängt.

Zuvor jedoch haben wir am Morgen ein weiteres Kleinod des National Trust erwandert: Über eine tiefe Schlucht, ca. 10 km vom Giant’s Causeway entfernt, haben schon zum Ende des 19. Jahrhunderts Fischer eine Hängebrücke gebaut, um ihre Lachszuchtstationen an der vorgelagerten kleinen Insel zu erreichen (s. Bild). Dieses Areal wurde inzwischen vom National Trust übernommen und gepflegt. Leider konnten wir die Brücke nicht überqueren, weil sie wegen des Sturms der vergangenen Tage zurzeit (Glück gehabt!) gesperrt ist.

 

26. Mai 2011

Unsere Entscheidung, die großen Städte von einem ruhigen Ort aus, der in der Nähe liegt und Übernachtungsmöglichkeiten bietet, mit öffentlichen Verkehrsmittel zu besuchen, hat sich mal wieder als richtig erwiesen. Belfast ist verkehrstechnisch ein wenig unübersichtlich (zum Ausgleich mal eine kleine Untertreibung). Die Stadt lebte vor allem von den großen Werften, auf denen z. b. die Titanic gebaut wurde, hatte in den vergangenen Jahren jedoch unter dem Rückgang der Werftindustrie und ganz besonders unter den politischen Unruhen, die ganz Ulster erfasst hatten, zu leiden. Seit der Beendigung der Auseinandersetzungen mit Waffengewalt und Anschlägen, nachdem die IRA 2005 das Ende des bewaffneten Kampfes erklärt hat, geht es langsam wieder bergauf. Dennoch konnte uns die Stadt nicht tief beeindrucken, weil sie nur über wenige architektonische Besonderheiten verfügt, die den Reisenden interessieren könnten. So haben wir es bei einem ausgedehnten Rundgang durch das Stadtzentrum belassen, der uns z. B. an den Albert Memorial Clock Tower, eine Art Mini-Big-Ben, der zu Ehren des Prinzgemahls der Königin Victoria errichtet wurde, zur City Hall (s. Bild), vor dem eine Statue der Queen Victoria steht, an die Universität, an der 8.000 Studenten eingeschrieben sind, und in den Botanischen Garten mit seinem schönen Palmenhaus geführt hat.

 

Der - mal wieder - eigentliche Höhepunkt war jedoch das Mittagessen im schönsten Pub Nordirlands, dem The Crown Liquor Saloon(s. Bild), der seit 1885 besteht, heute unter Denkmalschutz steht und vom National Trust (ja, wir sind Mitglieder) übernommen wurde. Er ist mit seinen mahagonigeschnitzten Wänden und Decken, seinem dunklen Holzinterieur, seiner mächtigen Theke, seinen geschliffenen Spiegeln und seinen Separees, in denen die Bänke mit dunkelblauem Leder bezogen sind, eine wahre Augenweide. Darüber hinaus waren das Pint of Guinness – wie immer – vorzüglich und das Irish Stew ein Hochgenuss für den Gaumen (s. Bild). Inzwischen sind wir nach Carrickfergus zu unserem Dakota zurückgekehrt, haben Belfast über die Autobahn nach Süden durchquert und stehen zum Übernachten am Quay von Millisle, einem kleinen Ort an der Küste.

 

27. Mai 2011

Wir nähern uns in Windeseile der irischen Hauptstadt. Heute sind wir immer der Ostküstenlinie gefolgt, haben bei Ballyhalbert den Burr Point, also den östlichsten Punkt Irlands (s. Bild), erreicht, haben bei Portaferry über die Mündung des River Newry gesetzt, sind bei Newry über die Grenze nach Eire gefahren und über die Autobahn, die in Richtung Dublin führt, nach Süden gebrummt. Höhepunkte und Abschluss des Tages waren der Besuch zweier Kulturstätten, die zu den bedeutendsten Irlands zählen.

 

Das Kloster von Monasterboice wurde im 5. Jahrhundert gegründet und war eines der wichtigsten Zentren christlicher Gelehrsamkeit und Religiosität in der Anfangszeit der Ausbreitung des christlichen Glaubens auf der grünen Insel. Seine bis heute erhaltenen Schätze sind vor allem der 27 m hohe Rundturm, in den sich die Mönche zum Schutz vor angreifenden Eindringlingen wie z. B. Wikingern zurückzogen, und eine Ansammlung keltischer Kreuze, von denen drei besonders eindrucksvoll sind. Das größte von ihnen – zugleich das schönste in ganz Irland (s. Bild) - ist mit Szenen der Hl. Schrift verziert und diente den Mönchen dazu, den einfachen Menschen der Umgebung die Geschichten der Bibel zu erläutern.

 

Das Kloster Mellifont Abbey liegt ganz in der Nähe. Es wurde im 12. Jahrhundert von Zisterziensermönchen gegründet, die in Frankreich vom Hl. Bernhard von Clairveaux ausgesandt wurden, um den christlichen Glauben in Irland, der ein wenig eher weltlichen Freuden anheim gefallen war, wieder zu festigen. Das Kloster ist nur noch als Ruine zu besichtigen (s. Bild), stellt aber dennoch ein eindrucksvolles Zeugnis irischer Vergangenheit dar.

 

Unmittelbar vor dem Kloster, das am Ende einer Sackgasse in einer sehr ländlichen Gegend liegt, werden wir heute eine sicherlich ruhige Nacht verbringen, nachdem wir mit einem genüsslichen Abendbrot für den angemessenen weltlichen Ausgleich zu so viel Spiritualität gesorgt haben.

 

28. Mai 2011

Und wieder ging es heute zurück in die Zukunft. Irland ist so reich an Kulturgütern und Sehenswürdigkeiten, dass die eigentliche Kunst der Planung im Auslassen vieler Schönheiten, vor allem aber in der gezielten Suche nach besonderen Höhepunkten liegt. Und einen solchen haben wir heute wieder erlebt:

 

Ca. 50 km nördlich von Dublin, in der Nähe der kleinen Stadt Drogheda, liegen die bedeutendsten neolithischen Grabstätten Irlands, die mit einem gewaltigen Aufwand ausgegraben und restauriert wurden. Die ca. 5000 Jahre alten Kultstätten von Newgrange (s. Bild), Knowth ( s. Bild) und Dowth liegen in der hügeligen Landschaft am River Boyne und sind für den Reisenden weithin sichtbar. Wir haben selten eine Ausgrabung gesehen, die dem Besucher mit einem so liebevoll entwickelten und museumsdidaktisch perfekten Konzept präsentiert wird. Dies beginnt bei üppig begrünten Parkplätzen, setzt sich über das Visitors Centre mit seiner Ausstellung fort, reicht über die sorgsam betreute Einteilung der Besuchergruppe (max. 16 Personen) und die Nutzungen der Shuttle-Busse, aber endet vor allem mit der exzellenten Betreuung durch die Guides. In Newgrange, der größten Anlage, kann man durch einen engen 19 m langen Gang in das Innere der Kultstätte kriechen und bekommt mit Hilfe einfacher physikalischer Mittel vorgeführt, wie am Tag der Wintersonnenwende der Gang und die sechs Meter hohe und völlig dunkle Höhle  um 8.58 Uhr GMT für 19 Minuten von den Strahlen der aufgehenden Sonne erleuchtet wurde. Es war überwältigend und ließ alle Besucher ehrfürchtig verstummen. Welch ein Erlebnis!

 

Nach einem Stopp im Hafen der Halbinsel von Howth, die der irischen Metropole im Osten vorgelagert ist, haben wir unseren Übernachtungsplatz in Dublin erreicht und wollen von morgen an die Hauptstadt heimsuchen.

 

30. Mai 2011

Sie war die Erste, die uns über den Weg lief: Molly Malone, die viel besungene Fischverkäuferin, eines der Wahrzeichen dieser faszinierenden Stadt (s. Bild). Wer hat die Zeilen nicht schon einmal gehört:

 

„In Dublin’s Fair City, where the girls are so pretty,

I first set my eyes on sweet Molly Malone.

She wheeled her wheelbarrow,

Through streets broad and narrow,

Crying cockles and mussels, alive, alive, oh!”

 

Wir haben uns nun zwei Tage in ihrer Stadt herumgetrieben (s. Bild) und die architektonischen Schönheiten, vor allem aber die Lebendigkeit, die Atmosphäre und die besondere Fröhlichkeit der Menschen aufgesogen wie zwei Schwämme, die man in quirrlendes Wasser wirft.

 

Wir haben St. Patrick Cathedral und Christ Church, Trinity College mit dem Book of Kells und dem riesigen Long Room der Old Library, St. Stephens Green und Merrion Square, die Half-Penny-Bridge und die O’Donnell-Street, den Phoenix Park, die City Hall und Dublin’s Castle besucht u. v. a. m..

 

Wir waren im O’Donoghue’s, dem sagenumwobenen Pub, in dem u. a. die Dubliner zu Beginn ihrer Karriere aufgetreten sind. Dort spielte auch am Sonntagmittag eine Band Traditional Irish Live Music (s. Bilder), die Stimmung steigerte sich mal wieder von Song zu Song. Neben uns saßen Kalifornier („Oh, my God, it’s nearly like Country Music in the States!“ – aha?), mit denen wir uns prächtig unterhalten haben. Uns gegenüber saßen Schotten im traditionellen Kilt, die zu einem Fußballländerspiel gegen Irland angereist waren und uns für die nächste Reise nach Schottland locken wollten. Es war mal wieder überwältigend, zumal das reichlich ausgeschenkte Guinness der allgemeinen Stimmung sicherlich keinen Abbruch tat. Es fiel uns schwer, uns nach zwei Stunden auf unser Besichtigungsprogramm zu besinnen, der Band unseren kleinen Obolus zu entrichten, der mit einem Extra-Ständchen quittiert wurde, und uns wieder den eigentlich weniger wichtigen Dingen des Lebens wie Kathedralen und Monumenten zuzuwenden.

 

An diesem Sonntag hatte man zeitweise den Eindruck, eher in Edinburgh als in Dublin zu sein. Wegen des Länderspiels waren zu Tausenden Schotten angereist, die unschwer an ihren Kilts und blauen Shirts zu erkennen waren. Sie zogen friedlich und fröhlich singend durch die Stadt und ließen die Straßen von Temple Bar, dem alten Viertel mit den schönsten und meisten Pubs, fast unpassierbar werden. Überall wurde geschwatzt, gesungen, getrunken und getanzt (s. Bilder). Wir haben in diesem fröhlichen Durcheinander nicht eine einzige Szene erlebt, die das Klischee von den saufenden und gröhlenden Hooligans auch nur annähernd bestätigt hätte. Im Gegenteil: Die Bereitschaft der Menschen, den Tag gemeinsam, über die Grenzen nationaler Bezogenheit hinaus zu genießen, war tief beeindruckend und mitreißend: Die am häufigsten gestellte Frage war übrigens „Where do you come from?“, verbunden mit der Bereitschaft, von der eigenen Heimat zu erzählen und die Herkunft des Gegenüber möglichst mit Kenntnissen über dessen Heimatland zu würdigen.

 

Für den Abschluss unserer Dublin-Tour – wie kann es anders sein – stand der Besuch der Guinness-Brewery auf dem Programm (s. Bild). Wusstet ihr, dass jeden Tag über vier Millionen Pints (ca. ½ Liter) die Werkstore verlassen? (Ja – Trinken bildet) Das Werksareal hat die Ausmaße eines ganzen Stadtviertels. Die Besucher werden in das Guinness Storehouse geleitet, in dem auf sieben Etagen in restaurierten und als Museum gestalteten alten Fabrikhallen die Geschichte der Firma, der Prozess des Brauens und das Marketing (s. Bild) anschaulich und medial perfekt aufbereitet erläutert werden. Man arbeitet sich Stockwerk um Stockwerk voran und erreicht  - wie sollte es anders sein – am Ende der Reise das The Gravity, die Bar mit einem phantastischen Rundumblick über die Stadt (s. Bild), in der man das Ergebnis des Brauprozesses mit vielen anderen Besuchern genießen kann. It’s beautiful and amazing, isn’t it?

 

Nach 11 Stunden Dublin werden wir uns morgen schweren Herzens von dieser Metropole trennen, die so ganz anders ist als das nicht weniger faszinierende, aber gewaltigere und hektischere London, und in die Wicklow  Mountains aufbrechen, die im Süden vor der Tür der Hauptstadt liegen.

 

2. Juni 2011

Nun ist es so weit: Wir haben heute Morgen um 9.00 Uhr GMT den Hafen von Rosslare an Bord der Stena Europe  bei strahlendem Sonnenschein verlassen und sind auf dem Weg nach Fishguard in Wales. Für den weiblichen Teil unserer kleinen Reisegesellschaft war es ein Abschied voller Tränen, während der männliche tapfer, aber erfolglos den Eindruck zu erwecken versuchte, als berühre ihn das Verlassen der geliebten Insel erheblich weniger. (Heimlich verdrückte Tränen wurden als Reaktionen auf den Wind erklärt und wortreich beiseite diskutiert). Doch in der Tat: Keine Reise hat bei uns Beiden bisher einen so tiefen emotionalen Eindruck hinterlassen wie dieses Land, so reich an landschaftlichen und kulturellen Schönheiten, so liebenswert mit seinen Menschen, die den Reisenden so freundlich, hilfsbereit und immer zum Schwätzchen aufgelegt, begegnen.

 

Von Dublin aus führte unsere Route gestern durch die Wicklow Mountains, die Hausberge vor der Hauptstadt der grünen Insel. Sie stellen wieder eine Landschaft dar, die sich von allen bisher erlebten deutlich unterscheidet. Außer am Fuß der Berge, die bis 800 m hoch sind, ist das Gebirge völlig kahl, von Hochmooren durchzogen und deshalb von braunen und grauen Farbtönen beherrscht (s. Bild).

 

In einem wunderschönen Tal der Wicklows, durchzogen von zwei Seen, liegen die Ruinen des Klosters von Glendalough, das im 5. Jahrhundert von dem Heiligen Kevin gegründet wurde und eine wechselvolle Geschichte einschl. mehrerer Wikinger- und Normannenüberfälle hinter sich hat. Erhalten sind vor allem Reste der Kirchen, Teile des Friedhofs mit schönen keltischen Kreuzen und besonders der ca. 30 m hohe Rundturm (s. Bild), der von den Mönchen als Schutzraum aufgesucht wurde, wenn Gefahr im Verzuge war.

 

Unseren letzten Tag in Irland haben wir auf der Fahrt nach Süden zum Fährhafen Rosslare mit einem Besuch des reizenden Städtchens Wexford verbunden, das eine sehr schöne Fußgängerzone besitzt, in der wir noch einmal die liebevoll gestalteten Pub- und Geschäftsfassaden bestaunen konnten.

 

Am Rande Wexfords liegt der Irish Heritage Park, der mit aufwendig restaurierten Gebäuden  und  Gehöften über die Geschichte des Landes von der Steinzeit bis zum Mittelalter informiert. Vor dem Hintergrund unserer beruflichen Zeit mag es nicht verwundern, dass es uns ein besonderes Vergnügen war, eine Klasse der Primary School bei ihrer geführten Tour durch den Park zu begleiten und über das lebhafte Interesse zu staunen, das die Kinder den Erläuterungen und praktischen Vorführungen ihres geschickt operierenden Guide (und manchmal auch dem fotografierenden Touristen) entgegen brachten (s. Bilder). Hier soll allerdings auch nicht verschwiegen werden, dass ein Teil des Vergnügens darin bestand, nicht mehr für eine solche Rasselbande pädagogisch verantwortlich zu sein.

 

Die letzte Nacht haben wir an einem alten Pier in der Nähe des Fähranlegers verbracht, sodass wir uns gestern Abend bei der Beobachtung der ein- und auslaufenden Fähren (s. Bild) schon einmal mit dem Gedanken an den schmerzlichen Abschied von Irland vertraut machen konnten.

 

Also dann: Jetzt freuen wir uns auf Wales und Cornwall!

 

5. Juni 2011

Man muss sich schon sehr hüten, neue Eindrücke, die man in einem neuen Land gewinnt, nachdem man gerade eines verlassen hat, nicht durch den Filter des schmerzlichen Abschieds zu schicken und somit zu ungerechten Urteilen zu gelangen. Natürlich war zunächst alles, was wir nach unserer Rückkehr auf die englische Insel wahrgenommen haben, weniger schön als in unserem geliebten Irland – bis auf das Wetter. Ist die verletzte Seele jedoch erst einmal bereit, dem neuen Gastland Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, bleibt festzuhalten, dass das nördliche Devon, in dem wir uns nun seit zwei Tagen aufhalten, ebenso reich mit landschaftlichen Schönheiten und kulturellen Schätzen ausgestattet ist.

 

Wir haben nach der Überquerung des Bristol Channel und damit nach der Durchquerung von Wales zunächst den Exmoor National Park durchfahren, der von engen Tälern durchzogen ist und mit seinen kahlen Höhen (bis zu 500m) ein sehr reizvolles Wandergebiet darstellt. Seine engen Straßen mit ihren Hecken und Steinwällen sowie Steigungen von bis zu 25 % haben uns gelehrt, dass mit den irischen Roads und Streets, die wir kennen lernen durften, die verkehrstechnischen Herausforderungen dieser Reise noch längst nicht vorbei sind.

 

Wir haben am Rande des National Parks Dunster Castle (s. Bild) besucht, das vom National Trust betreut wird, und wieder einmal erlebt, wie das britische Kulturerbe auch mit Unterstützung vieler freiwilliger Helfer gepflegt und erhalten wird. Es ist schon ein Vergnügen, als Mitglied des National Trust von mehreren, häufig siebzig- bis achtzigjährigen Damen und Herren, alle in Kleidern und Blazern sehr gepflegt gekleidet, empfangen zu werden und für die Dauer des Besuchs das Gefühl einer besonderen Wertschätzung zu erfahren.

 

Von nun an sind wir an der zerklüfteten und landschaftlich sehr reizvollen Küste von North Devon entlang gebummelt  und haben Orte wie Minehead, Lynton (s. Bild), Lynmouth, Ilfracombe, Combe Martin und Woolacombe besucht.

 

In der Nähe von Woolacombe, wo wir uns mal wieder auf einem British Caravan Campsite eingenistet haben, sind wir heute Morgen zu einer Wanderung entlang der Küste auf dem vom National Trust hervorragend gepflegten Coast Path aufgebrochen. Selten haben wir eine Tour unternommen, die so reichhaltig an immer neuen Ausblicken und Eindrücken ist. Dieser Coast Path zieht sich übrigens auf einer Länge von über 1.000 km an den Küsten Devons und Cornwalls entlang und hat uns laut über die Notwendigkeit weiterer Englandbesuche nachdenken lassen.

 

6. Juni 2011

Zwei Höhepunkte hatte der heutige Tag:

Zunächst haben wir dem Dorf und dem Hafen von Clovelly einen Besuch abgestattet (s. Bild). Das gesamte Dorf befindet sich seit über 200 Jahren im Besitz einer Familie und wurde zu einem Museumsdorf umgestaltet, das einen ganz besonderen Reiz entfaltet. Die engen Gassen sind so steil, dass Lasten nur mit Eseln oder Schlitten transportiert werden können, Autos sind aus dem Panorama verbannt.

Der Nachmittag – nach Überschreiten der Grenze zwischen den Counties Devon und Cornwall -  war einem Ort gewidmet, der mich schon zu meiner Kindheit magisch angezogen hat – dem Felsen in der Nähe von Tintagel, auf dem sich Reste einer Burg befinden, die der Sage nach Heimat des Königs Artus gewesen ist. Auch wenn sich dafür keinerlei historische Beweise finden lassen, regen die Geschichten um Artus, sein Schwert Excalibur und die Ritter der Tafelrunde die Fantasie des Besuchers doch so sehr an, dass er sich der mystifizierenden Wirkung dieses Ortes nicht entziehen kann. Und wer kann von sich schon behaupten, dass er die Nacht (wenn auch auf einem sehr ruhigen Parkplatz am Rande des Dorfes in seinem Reisemobil  und nicht in einer Burgkemenate auf Camelot) im selben Ort verbracht hat wie König Artus.

 

7. Juni 2011

Immer mehr wenden wir uns Rosamunde Pilcher’s County zu. Unser Weg führt uns an den felsenreichen und von langen Sandstränden geprägten Küsten entlang, an denen wir vornehme Herrenhäuser und wunderschöne Gärten besuchen, die ohne Schwierigkeiten den Ansprüchen gerecht werden, die von entsprechenden Schmonzetten geweckt werden. Sagen wir’s mal so: Die Landschaft, die Strände, die Herrenhäuser und die Gärten können ja nichts dafür.

Heute Abend sind wir auf einem sehr schönen Campingplatz angekommen. Von dort aus werden wir morgen früh loswandern und den Tag im Künstlerdorf St. Ives verbringen, uns zur Feier des Tages (?) ein gutes Fischessen am Hafen des kleinen Künstlerdorfes gönnen und ansonsten die Seele baumeln lassen.

 

8. Juni 2011

Zunächst eine kleine Korrektur: Wir haben das Bild von dem „kleinen Künstlerdorf“ gründlich revidieren müssen. St. Ives hat sicherlich die Größe eines Dorfes, kommt jedoch schon in der Vorsaison mit seinen Touristenscharen ein wenig unruhig daher, obwohl es der Masse der Zugereisten nicht gelingen will, den besonderen Charme dieses Ortes zu zerstören. Die engen Gassen, die vielen kleinen Geschäfte, v. a. die Galerien und der schöne kleine Hafen (s. Bilder) laden zum Verweilen ein. Wir haben den Tag bei strahlend blauem Himmel, einem ausgedehnten Bummel durch die Straßen und einem guten Mittagessen in einem der gemütlichen Hafenrestaurants genossen und für den Rest des Tages mit dem Kauf von Traditional Cornish Pasties fürs Abendbrot unser Wohlbefinden sichergestellt.

Übrigens: Für die Surfer unter den Lesern sei darauf hingewiesen, dass sich an die Hafenbucht von St. Ives eine weitere Bucht mit einem riesigen Sandstrand anschließt, der das Herz des Wellenreiters wegen seiner ziemlich spektakulären Wellen höher schlagen lässt (s. Bild)

 

10. Juni 2011

Gestern führte uns unsere Reise an den südwestlichsten Punkt Englands. Die Felsen von Land’s End (s. Bilder) stellen zwar für jeden England-Fahrer einen magischen Anziehungspunkt dar, sorgen aber –wenn sie denn erreicht sind – eher für eine kleine Enttäuschung. Man wird – wie immer nach Entrichtung der saftigen Parkplatzgebühr – von einem Visitor’s Centre empfangen, das so mancher Spielhölle Konkurrenz machen könnte und eher auf „Amusement“ als auf Information angelegt ist. Besser schon waren die Ausblicke, die man wenige hundert Meter von der eigentlichen Landspitze entfernt auf die Felsenküste und die im Dunst des Atlantiks liegenden Scilly Islands genießen konnte. Also gut: Nicht jedes Ziel, das zunächst als Highlight in die Reiseplanung aufgenommen wurde, kann diesem Anspruch gerecht werden, und somit geben wir uns mit der Feststellung zufrieden: Wir haben’s gemacht.

 

Das nächste Ziel jedoch hat uns für den leichten Frust reichhaltig entschädigt: Das Minack Theatre ist ein in den steilen Felsen des Fischerdörfchens Porthcurno geschlagenes Freilichttheater, das Platz für 800 Besucher bietet, die Kunst vor einem atemberaubenden Hintergrund geboten bekommen (s. Bild). Das Gelände ist wunderbar gepflegt und mit Blumen, Büschen und Bäumen bepflanzt (s. Bild), die den Besucher glauben lassen, es hätte ihn an einen Ort der französischen Mittelmeerküste verschlagen.

 

Apropos Frankreich: Zu Beginn unserer Reise haben wir mit unseren Kindern den Felsen von Mont St. Michel in der Normandie gesehen. Was war also passender, als dessen Pendant in England, den St. Michael’s Mount in der Nähe von Penzance, mit einem Besuch zu beehren (s. Bild). Die Ähnlichkeit ist nicht verwunderlich, wurde doch auch dieser Felsen im 11. Jahrhundert von französischen Benediktinermönchen bebaut. Die Bootsüberfahrt bei Hochwasser, die Besichtigung der Gebäude und die Rücktour zu Fuß bei Ebbe waren schöne Erlebnisse, die v. a. von spektakulären Ausblicken geprägt waren. Und dann noch dieses: Den Besuch des Felsens haben wir – dokumentiert durch ein Foto, auf dem zumindest die Beiden zu sehen sind – mit Charles und Camilla gemeinsam – jawoll!

 

Am Abend haben wir den Lizard Point erreicht, den südlichsten Punkt Englands, dessen Leuchtturm uns nach einer kräftigen Dusche mit einem unglaublich intensiven Doppelregenbogen empfangen hat (s. Bild).

 

Nach einer ruhigen Nacht im Schatten (im Mondschatten natürlich!) des Leuchtturms sind wir heute an der Südostgrenze Cornwalls wieder nach Devon eingefallen, nachdem wir zuvor in der Nähe von Fowey den reizvollen kleinen Hafen von Polperro besucht haben, der von engen Gassen umgeben ist, in denen man viele verlockende, den Geldbeutel erleichternde, von schönen Fassaden verzierte Geschäfte und Restaurants findet (s. Bilder).

 

11. Juni 2011

Wenn es euch im Urlaub zu ruhig und zu leise ist, habe ich seit heute heute einen Geheimtipp für euch: Fahrt nach Brighton! Wir sind heute Morgen einige Hundert Kilometer nach Osten gefahren, um uns das legendäre Seebad an der englischen Riviera anzusehen. Der Besuch war in jeder Hinsicht überwältigend. Dies gilt insbesondere für die Strandpromenade, die mehrere Kilometer lang ist und von prächtigen Hotels gesäumt wird, in denen alle namhaften Hotelketten dieser Welt vertreten sind. Absolut erschreckend ist jedoch der Rummel, der um die große Seebrücke herum herrscht (s. Bilder). Die Brighton Pier mit ihrer viktorianischen Architektur ist durchaus beeindruckend, sie ist aber als riesiger Rummelplatz und Spielhölle ausgestattet, durch die sich Menschenmassen schieben, die der Münchener Wiesn oder dem Hamburger Dom Konkurrenz machen könnten. Interessant sind die Reste der zweiten Seebrücke, des West Pier, die vor einigen Jahren einem verheerenden Brand zum Opfer gefallen sind (s. Bild). Man hat die Überreste offensichtlich als Mahnmal im Wasser stehen lassen.

Ein paar Kilometer von Brighton entfernt, in der Nähe von Seaford, haben wir ein Naturschauspiel besucht, das den Wettbewerb um das schönste Besuchsziel des Tages eindeutig gewonnen hat: die Seven Sisters (s. Bilder). Die Felsen der Steilküste – bis zu 170 m hoch und damit die höchste Stelle des englischen Südküste – gleißen in der Abendsonne und bezaubern den Besucher, der diese Schönheiten bei einer Klippenwanderung erlebt.

 

Wir übernachten am Strand mit Blick auf die Kreidefelsen und haben auch noch das Glück, die Abendsonne zu genießen.

 

14. Juni 2011

Vorgestern haben wir den letzten Tag (dieser Reise!) in England verbracht. Neben dem Städtchen Rye, das zu Recht zu den schönsten an der südenglischen Küste zählt (s. Bilder), galt unser Interesse dem Hastings Battlefield, auf dem sich die wohl dramatischste Veränderung der englischen Geschichte abgespielt hat, als 1066 der normannische Herzog Wilhelm der Eroberer das Heer des angelsächsischen Königs Harold II vernichtend geschlagen hat und eine Ära  der normannischen Besetzung Englands einläutete (s. Bild). Das Schlachtfeld befindet sich in der Nähe von Hastings in dem kleinen Ort mit dem bezeichnenden Namen Battle und ist museumsdidaktisch und audiovisuell sehr sorgfältig und anschaulich präsentiert, sodass den Besucher eine kurzweilige und informative Lehrstunde in englischer Geschichte erwartet.

 

Wenn das kein würdiger Abschluss unseres Englandbesuchs war!

 

Die abschließende Fahrt nach Dover führte uns durch Folkestone und an der Tunneleinfahrt für den Eisenbahntransport zum Kontinent vorbei an der Küste entlang, die schnelle Einschiffung auf die Fähre (s. Bild) ließ der Entwicklung intensiver Abschiedsschmerzen nur begrenzten Raum, die Überfahrt verlief ruhig und undramatisch, auf dem Stellplatz in Calais hatte man zwischen den ca. 150 Wohnmobilen auch noch ein Plätzchen für uns frei gehalten und der Regen trug seinen Teil dazu bei, dass des Wanderers müdes Haupt schnell einem erholsamen Schlaf entgegendämmerte.

 

Gestern sind wir von Calais aus über Dünkirchen an der Küste entlang durch Belgien gefahren und haben mit Schrecken die verheerenden Folgen massenarchitektonischer Bemühungen in den Seebädern Oostende, Blankenberge, Zeebrügge, und Knokke gesehen, bevor wir in die beschaulichen Niederlande gelangten, wo wir  uns südlich von Vlissingen  bei Breskens einen ruhigen Campingplatz gesucht haben, um noch einmal nach der langen Fahrt auszuspannen. Am kommenden Sonntag wollen wir wieder zu Hause sein.

 

Die Reise durch Irland und England zählt zu den schönsten,die wir im Laufe unseres langen Vagabundenlebens gemacht haben. Sie war angefüllt mit dem Erlebnis großartiger Landschaften, der Besichtigung faszinierender Kulturstätten, vor allem aber von so vielen Begegnungen mit offenen und warmherzigen Menschen, die in uns die Sicherheit haben wachsen lassen, möglichst bald zurück zu kommen.

 

Wir hoffen, dass wir allen, die uns auf unserer Reise begleitet haben, mit unseren Bildern und Berichten ein wenig von der Begeisterung, mit der wir den besuchten Ländern begegnet sind, vermitteln konnten.

 

Wir freuen uns auf die mediale Aufarbeitung unserer Tour, weil diese uns Gelegenheit geben wird, die intensiven und vielfältigen Erfahrungen noch einmal nachzuvollziehen und mit Freunden und Verwandten zu teilen.

 

Wir verabschieden uns mit dem Satz, den wir in den vergangenen Wochen so oft gehört haben: „Have a nice day!“

 

Eure Brigitte und Werner